Fokus

– zoom in and out

Ich bin verwirrt. Es gibt so viele Themen, über die ich noch sprechen möchte. Normalerweise orientiere ich die Meditationsabende an meinem eigenen Leben. Schaue, was dort gerade los ist und gestalte daraus das neue Thema. Manchmal ist es ganz klar und manchmal braucht es einen Spaziergang im Bürgerpark um sich zu zeigen. Diesmal ist weder das eine noch das andere der Fall. Zu viele Themen, zu viele Interessen zu schnell der Lauf der Dinge. Ich kann mich nicht festlegen, kann den Daumen nicht auf ein Thema legen, finde meinen Fokus nicht.

Was ist jetzt eigentlich am wichtigsten?

Kennst du das auch? Du hast eine Frage, aber statt der Antwort zeigen sich immer mehr Fragen – bis zur Verwirrung. Wir möchten, dass uns jemand wieder eine Richtung vorgibt. Der uns sagt „jetzt machst du das, dann jenes und zum Schluss dieses“. Doch leider ist dort niemand. 

Auch von der geistigen Welt bekomme ich keine Eindeutigkeit.

Doch was ist, wenn das schon das Thema ist? Eckhart Tolle kommt mir in den Sinn – „Jetzt“. 

Wie oft verzetteln wir uns, verlieren den roten Faden des Lebens, sind abgelenkt, grübeln über die Vergangenheit oder planen/fürchten die Zukunft. Dabei verpassen wir den gegenwärtigen Moment. 

Die erste Frage lautet daher: „Was ist jetzt in meinem Leben da?“ (Verwirrung). Nur von diesem Punkt können wir starten und dann lautet die zweite Frage: „Was ist mein Ziel?“ (Meditationsthema finden). 

Und plötzlich ist es ganz einfach. Die Puzzleteile fügen sich zusammen und ich finde mein Thema (Fokus). Ich bin voller Ideen für diesen Text, für meinen Vortrag, für die Meditation. Das Leben fließt wieder, es ist ganz leicht und macht Sinn.

Dann weitet sich die Perspektive – der Fokus wird breiter.

Noch ein Buchtitel fällt mir ein: „ADS und Dyskalkulie als Talentsignal“, das gerade auf meinem Bücherstapel liegt.

Das sog. „Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom“ ist gar kein Aufmerksamkeitsdefizit, sondern ein -Überschuss. Zu viele Informationen, zu wache Sinne, zu viele Interessen – nur nicht am Mathekästchenrechnen. Die Kinder mit dieser Diagnose werden oft in eine Schublade gesteckt, in der sie keine Chance mehr bekommen. Sie sind Störenfriede oder Träumer. Sie können sich schwer auf eine Sache fokussieren, heißt es, dabei kommt es nur darauf an, was diese Sache ist! Ihre Wahrnehmung ist weiter, sie spüren die Menschen in ihrer Umgebung, ihre Aktivitäten und Befindlichkeiten, sie hören, fühlen und beobachen mehr und intensiver und oft denken sie in Bildern. Diese Kinder haben es in der Schule schwer. Aber genau ihre Gabe brauchen wir für die Zukunft. Keine Fachidioten, sondern Menschen mit Weitblick. Menschen, die das große Ganze im Blick behalten. Die mit allen Sinnen leben, die mitfühlen, die vernetzen, die zart sind und frei denken.

Zu fokussieren heißt also nicht unbedingt, sich auf nur eine Sache zu konzentrieren. Man kann den Fokus auch ganz weit stellen. Das Leben ist immer nach Ausgleich bestrebt und so dürfen wir immer wieder zwischen Enge und Weite, zwischen Nähe und Distanz, zwischen Innenwelt und Außenwelt rein und raus zoomen – mit der Kamera, die unseren Lebensfilm dreht.

„Fokussiere all deine Energie nicht auf das Bekämpfen des Alten, sondern auf das Erschaffen des Neuen.“ (Sokrates)

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