Eigenverantwortung

– statt Sündenbock

Der Sündenbock wurde im Judentum beim jährlichen Versöhnungsfest Jom Kippur mit allen Sünden des Volkes Israel symbolisch beladen und in die Wüste geschickt. Es ging dabei jedoch mehr darum, sich bewusst zu seinen Verfehlungen zu bekennen und eine Umkehr zu Gott zu erwirken, als – so wie wir es heute interpretieren – einen Schuldigen zu benennen, denn der Ziegenbock ist unschuldig und nimmt lediglich die Last anderer auf sich.

In unserem Sprachgebrauch wird der Sündenbock gesucht, um die eigene Unzufriedenheit und Aggression loszuwerden und sich mit anderen gegen die vermeintlich Schuldigen zu verbünden, um sich kurzfristig besser zu fühlen.

Wir suchen so gerne Schuldige. 
Der falsche Job der unglücklich macht, zu viel Arbeit um noch zum Sport zu gehen, zu wenig Geld um sich gesund zu ernähren, der Partner der sich nicht ändern möchte und das Kind das den letzten Nerv raubt.
Oder die Regierung die uns der Freiheit beraubt, Putin der Schuld an den steigenden Lebenshaltungskosten hat, die Fleischesser die schuldig an der Gletscherschmelze sind oder die Ungeimpften die die Pandemie nicht enden lassen. 

Doch so einfach ist es nicht. Es liegt in unserer eigenen Verantwortung, die wahren Zusammenhänge zu erforschen und vor allem Verantwortung für die damit erzeugten Gefühlezu übernehmen.

Meinen Kindern versuche ich den Satz „Der hat Schuld!“ abzugewöhnen. Es geht nicht um Schuld. Es geht um Verantwortung. Manchmal geht es darum, wer eine Tat verursacht hat und immer geht es darum, was das Ergebnis mit dir macht. Es ist so viel einfacher, die Schuld im Außen zu suchen, als bei sich, (dabei ist das Außen nur ein Spiegel deiner Innenwelt). Dazu müssten wir uns mit unseren Schwächen, unserer Unzulänglichkeit und unserer Kleinheit konfrontieren. Das tut oft weh. Aber nur, wenn wir die Verantwortung für unserer eigenes Tun, bzw. Nicht-Tun und die eigenen Gefühle übernehmen, statt unser Unbehagen auf andere abzuwälzen. können wir sie wandeln. Wir sind nicht mehr ohnmächtig, sondern ermächtigen uns, das Leben und die Gefühlswelt in die eigene Hand zu nehmen.

Auch beim Sündenbock ging es ursprünglich darum, durch Selbstreflexion und ehrliches Bekenntnis, ein besserer Mensch zu werden. Denn immer wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigst, weisen 3 Finger auf dich selbst!

„Jeder möchte die Welt verbessern und jeder könnte es auch, wenn er nur bei sich selber anfangen wollte.“  (Karl Heinrich Waggerl) 

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